Notfunk im Kriegsfall

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lonee
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#16

Beitrag von lonee »

Hallo Sam,

Generell muss man sich im klaren darüber sein, dass jedes Sendesignal auch irgendwie von jemandem "Unerwünschten" empfangen werden kann.
Alles eine Frage der Sendeleistung des TRX und dem Aufwand was das Gegenüber betreibt.

Nur mal zur Verdeutlichung, Funkamateure verwenden z.B. den Mond als Reflektor.
D.h. man sendet sein Signal möglichst konzentriert gen Mond, und die Gegenstation empfängt das reflektierte Signal.
Wenn man dann mal berücksichtigt, dass Leistungsenergie im m zum Quadrat abnimmt.. bekommt man eine relative Vorstellung davon welche geringen Feldstärken da gegeben sind.

Wenn man also ausschließen möchte, dass das eigene Signal auf irgendeine Weise lokalisiert wird, wäre Feldtelefon und Ackerschnackerdraht angesagt.
Das wiederum ist jedoch "sehr wenig mobil".

Von den Funkanwendungen des "Jedermannfunks" wäre vermutlich dPMR mit Scrambler ab besten geeignet. Wobei auch jedwede Sprachverschlüssenlung mit entsprechendem Aufwand geknackt werden könnte.
Von der Reichweite her, dürfte PMR aber auch am geringsten sein.
Nur; wenn man die geringe Reichweite zum Thema macht, geht das auch auf die Distanzen wo man Kontakt halten kann.

Vielleicht solltet Ihr das so handhaben, wie man es früher auf Klassenfahrten gemacht hat.
Jedes Kind bekam eine Übersichtskarte mit "Treffstellen" und Uhrzeiten dazu. Passend zur Uhrzeit konnte man sich dann an der entsprechenden Stelle treffen. Also keine drahtlose Kommunikation notwendig, nur die Uhr muss man lesen können und eine besitzen. Aber das dürfte wohl das kleinste Problem sein.
Ich fürchte allerdings auch, dass die Anfrage nach Funkgeräten negativ beschieden wird.

Insgesamt jedenfalls ein schwieriges Thema....

Oh, möglicherweise wäre auch ein Sat-Telefon eine Alternative. Zwar nicht unbedingt eine günstige, aber jedenfalls schwieriger zu orten.
Gruß,
André
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POLARFUCHS
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#17

Beitrag von POLARFUCHS »

Nu, es ist sehr schwierig sich funktechnisch unauffällig zu verhalten. Im Ukraine-Krieg und auch bei anderen "Spezialoperationen" bedeutete bereits ein Mobiltelefon, welches vergessen wurde auszuschalten einen Angriff. Daher ist ja auch die militärische Funktechnik recht aufwändig. Da dagegen ist Scrambler bei PMR Klartext. In der modernen Kriegsführung ist SIGINT und wideband direction finding eine unerlässliche Komponente. Bei Bandbreiten von 3-9 GHz und Scanraten bis zu 80 GHz/s ist ein PMR oder Freenet oder auch ISM wie ein Leuchtfeuer auf freiem Feld. Da hilft nur robuste Komprimierung, zuverlässige Fehlerkorrektur, lieber breites Signal aber sehr kurze Sendezeit. Oder Datenstrom teilen und auf mehrere Frequenzen verteilen. Und dann Ruhe, ducken, stellungswechsel. Bei HENSOLDT z.B. gibt es so Zeug
Es gibt nur eine Zeit - deine Zeit - und ihr Wesen ist Wandlung. Und wer die Veränderung nicht will, der will auch nicht das Leben.
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noone
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#18

Beitrag von noone »

Hier ist kein Beratungsforum für "sonstige Beteiligte". Die drei beteiligten Parteien wissen über das Fach Bescheid.

Es dürfte klar sein, dass die Ortung mit höherer Frequenz auch eine bessere Auflösung hat vor allem je ebener die Gegend ist und je schmalbandiger das Signal.

Handy

Wenn ein Handy schon ausreicht um Zieldaten zu liefern dürfte eher die GSM Versorgung gehackt sein entweder direkt oder per "man in the middle" Strategie.

Je näher zur Front desto eher wird das Handy durch fremde Repeater gekapert, mit GPS oder GLONAS Zeitbasis kann dann recht einfach per Laufzeitermittlung, die Zohnierung für die Antennensteuerung funktioniert auch so.

Es könnte auch die Positionsermittlung des Handys angezapft werden.

Wer weiß was für Daten man aus einem Handy rausmelken kann und wie löchrig der Datenschutz ist- ansonsten, man erinnere sich an Blueberry hats ja nicht lange gegeben.

Es ist schon auffällig, dass in Krisengebieten nichts funktioniert, aber die Handynetze laufen und beide Parteien nutzen die Netze .

Ich würde wegbleiben denn alle drei Seiten wollen "Ihre Story" in der Welt verbreitet sehen.
Jupp
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#19

Beitrag von Jupp »

Aus gutem Grund wurde Amateufunkern in der Ukraine der Betrieb untersagt, Zivilisten dürfen dort nicht mehr funken. Kann man natürlich ignorieren und trotzdem machen, aber jedes gesendete Signal, egal auf welcher Frequenz, kann angepeilt werden. Da nützt auch keine Verschlüsselung, oder über die Frequenzen hopsen.

Dann ist militärische Kommunikation immer gesichert, die Russen wissen ziemlich schnell das ihr ganz sicher kein russisches Militär seid, erst recht wenn ihr dort deutsch oder englisch redet. Was dann nach einer Peilung erfolgt ist Artilleriebeschuss oder Drohnenbesuch und die Dinger sind Waffenträger. Interessiert keinen ob ihr Journalisten oder sonstwas seid, feindliche Kommunikation wird mit militärischen Mitteln unterbunden. Wenn man hinterher feststellt das man ein paar Zivilisten erwischt hat, Pech, Kollateralschaden.

Ich kann dir nur den guten Rat geben, lass es, keinerlei Funk in einem Kriegsgebiet. Und ich weiss wovon ich rede, ich war Funker bei der BW und musste das lernen wie Funkbetrieb in einem Kriegsgebiet durchgeführt wird und was man da so zu erwarten hat.
13sw001
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#20

Beitrag von 13sw001 »

Ein theoretisches Verbot gibt es, ist aber kein Grund für die URs bis EMs nicht am Afu teilzunehmen. Ich habe hier seit einem Jahr bestimmt 20 Stationen
gearbeitet.......und ich bin nicht 24/7qrv , eher nur sporadisch
Jupp
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#21

Beitrag von Jupp »

Es gibt keine theoretischen Verbote, etwas ist verboten oder es ist es nicht.
Selbstverständlich halten sich nicht immer alle an Verbote, das ist jedem selber überlassen. Ich habe auch einige Ukrainische Funker gehört, entweder die wissen was sie machen, da militärische Ausbildung, oder die sind sehr weit von Gebieten mit Kriegshandlungen entfernt und daher ziemlich sicher. Wenn man aber 5KM von einer Frontlinie entfernt komische Funksprüche absetzt, dazu noch undiszipliniert, nicht sofort die Stellung wechselt, ist man entweder lebensmüde oder unglaublich dumm. Dazu kommt noch, wenn man durch solche Handlungen Artillerie auf seine Stellung zieht, gefährdet man auch noch seine Umgebung im Wirkungskreis der Waffen. Und dann rate mal wie hoch erfreut Militärs sind, wenn ein dämlicher Zivilist durch solche verbotenen Handlungen Artilleriebeschuss auf die Stellungen verursacht, die dann zu Verlusten an Material und Menschen führen.
Sam
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#22

Beitrag von Sam »

Danke für Eure Erklärungen! Das hilft enorm!

Die Idee mit den eigenen PMRs lege ich erstmal auf Eis. Vorsorglich alle Handys auf Flugmodus schalten, Infrarot deaktivieren, usw. ist inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen. Gleichzeitig hatten wir nicht auf dem Schirm, dass Funkgeräte natürlich genauso, bzw. noch eher geortet würden. Der Gedanke erzeugt ein etwas flaues Gefühl im Bauch.

Wie schaut es denn bei Satellitentelefonen aus? Wenn ich Euch richtig verstehe, ist damit die Gefahr der Ortung nicht so hoch? Besteht aber möglicherweise die Gefahr, dass das Signal als ungewöhnlich auffallen könnte?

Wie kann man sich denn so eine Situation überhaupt vorstellen? Als Laie gehe ich davon aus, dass es hier bei uns in einer Stadt jede Menge Funksignale von allen möglichen Geräten gibt. Trotzdem können Behörden und versierte Amateure einzelne funkende Geräte recht genau orten.
Wenn dagegen in einer Frontstadt die Infrastruktur zerstört ist und die meisten Bewohner geflohen sind, dann gibt es Strom nur aus vereinzelten Generatoren. Internetzugang gibt es nur punktuell durch Starlink-Schüsseln. Es wird also nur sehr wenige Funksignale geben und darum fällt jedes Signal um so stärker auf?
Wenn nun in einer Wärmestube 100 oder auch 200 Menschen mit ihren Handies gleichzeitig im Internet sind, dann habe ich Zweifel, ob alle von ihnen ihre Geräte auf Flugmodus stellen, wenn sie nach Hause gehen. Zumindest vereinzelt werden funkende Handies durch die Straßen getragen und daheim auf den Küchentisch gelegt werden.
Dazu kommt dann der Funk von Militär und Behörden. So wie ich es sehe, haben zumindest die freiwiligen Sanitätseinheiten eher zu wenige Funkgeräte und sie sind ausgesprochen froh, wenn sie gespendete Walkie-Talkies bekommen. Das sind dann aber meist einfache Geräte aus dem Baumarkt oder vom Discounter.

Wie schaut das denn aus Sicht eines Funkers aus? Muss man damit rechnen, dass ein vergessenes Handy auf dem Küchentisch zum Ziel wird? Und müssen Einsatzkräfte darauf achten, nach jedem Funkspruch ihre Position zu verändern, weil sie sonst geortet würden?
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#23

Beitrag von 13sw001 »

@Sam
Mich wundert jetzt, dass du als Auslands-Journalist in Sachen " Selbstschutz" nicht aufgeklärt wurdest. Von Seiten der Regierung da gibt es wohl klare Ansagen, wie man kommunizieren soll, und wie nicht. Dazu laufen wohl die Angehörigen der ausl. Presse , egal ob Zeitungen oder TV nicht alleine rum, sondern mit Begleitung , da viel Spionage eben wegen der Aufklärung da , befürchtet wird.

Ich denke mal, dass dich das Thema einfach nur interessiert, ist ja nichts Schlimmes dabei...... :wave:
13sw001
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#24

Beitrag von 13sw001 »

13sw001 hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 14:02 @Sam
Mich wundert jetzt, dass du als Auslands-Journalist in Sachen " Selbstschutz" nicht aufgeklärt wurdest. Von Seiten der Regierung da gibt es wohl klare Ansagen, wie man kommunizieren soll, und wie nicht. Dazu laufen wohl die Angehörigen der ausl. Presse , egal ob Zeitungen oder TV nicht alleine rum, sondern mit Begleitung , da viel Spionage eben wegen der Aufklärung da , befürchtet wird.

Ich denke mal, dass dich das Thema einfach nur interessiert, ist ja nichts Schlimmes dabei...... :wave:
Und meine Vermutung seitens der angreifenden Fraktion ist, dass da eher viel Spione unter die Bevölkerung gemischt wurde, um Beobachtungen von Stellungen , Abwehr ,etc. über Telefon weitergegeben wird , anstatt großflächig gepeilt ( Handymasten ausgenommen ) .
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lonee
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#25

Beitrag von lonee »

Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Und müssen Einsatzkräfte darauf achten, nach jedem Funkspruch ihre Position zu verändern, weil sie sonst geortet würden?
Je nach Kaliber der Granate darfst Du dann aber weit flitzen, um aus dem Wirkungskreis heraus zu kommen....

Ich schrieb ja schon. Ein militärischer Gegner, kann nicht gegen jedes potentielle Ziel "wirken".
So einen "Böller" bekommt man eben nicht für nüsse und irgendwann ist auch jedes Mun-Lager mal geplündert.
Wenn man dem englischen Geheimdienst Glauben schenken kann, sind die Bestände eh schon "gerupft". Wobei ich das auf der mehr westlicheren Seite ebenfalls annehme.
Also wird man sich überlegen, ob man Zivilisten oder lieber Infrastruktur treffen möchte bzw. welches strategische Ziel gerade vorgegeben ist.
Drohnen und Raketen kosten dann noch ein vielfaches mehr, als eine Granate für eine Haubitze....
Nur hat man auf der Eskalationsseite ja schon mehrfach bewiesen, dass "von oben" nicht gerade logische Entscheidungen kommen.

Nichtsdestotrotz sollte man, meines Erachtens, trotzdem maximal Vorsicht walten lassen. Und auch den Anweisungen der "entsprechenden" Personen folgen. (Die wissen zumeist mehr als man selbst, wenngleich sie nicht darüber sprechen dürfen).

Was Deine Frage hinsichtlich dieser "Wärmestuben" betrifft; würde ich annehmen wollen, dass dort entsprechende Regeln herrschen.
Und diejenigen, die dann trotzdem ihre Handys in Betrieb haben, zudem noch Bildchen mit Metadaten ins Netz stellen.... Tja... im blödesten Fall laden sie sich eine ziemliche Schuld auf. Wenn sie dann überhaupt den Zusammenhang begreifen.

Ist ja schließlich nicht so, als ob die "Jungs" von dem "Terroristen" auf den Kopf gefallen wären. Im Gegenteil gibt es dort auch sehr gut ausgebildete Menschen und die Art und Weise deren Rekrutierung (oder besser die zu erwartenden Konsequenzen) dürfte "motivierend" sein..
Gruß,
André
Jupp
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#26

Beitrag von Jupp »

Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Danke für Eure Erklärungen! Das hilft enorm!

Die Idee mit den eigenen PMRs lege ich erstmal auf Eis. Vorsorglich alle Handys auf Flugmodus schalten, Infrarot deaktivieren, usw. ist inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen. Gleichzeitig hatten wir nicht auf dem Schirm, dass Funkgeräte natürlich genauso, bzw. noch eher geortet würden. Der Gedanke erzeugt ein etwas flaues Gefühl im Bauch.
Und das zu recht, ein Funkgerät strahlt wie ein Leuchtfeuer, weithin sichtbar, hallo hier bin ich. Deswegen das Verbot für Zivilisten Funkgeräte zu benutzen, es ist besser du hälst dich daran.
Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Wie schaut es denn bei Satellitentelefonen aus? Wenn ich Euch richtig verstehe, ist damit die Gefahr der Ortung nicht so hoch? Besteht aber möglicherweise die Gefahr, dass das Signal als ungewöhnlich auffallen könnte?
In der Regel arbeiten Satelittentelefone mit Richtantennen (Schüsseln), die gegen Himmel gerichtet sind, durch Bodentruppen schwer zu orten. Allerdings für hochfliegende Flugzeuge und Drohnen kein Problem. Dazu kommt das Herr Musk 10000 Starlink Telefone dem Militär zu Verfügung gestellt hat, wenn man soetwas ortet ist es höchstwarscheinlich ein militärischen Ziel und die Kommunikation wird unterbunden. Als Zivilist möchte ich mich daher nicht in einem Radius von 500 Meter bei solchen Funkstellen aufhalten.
Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34
Wie kann man sich denn so eine Situation überhaupt vorstellen? Als Laie gehe ich davon aus, dass es hier bei uns in einer Stadt jede Menge Funksignale von allen möglichen Geräten gibt. Trotzdem können Behörden und versierte Amateure einzelne funkende Geräte recht genau orten.
Wenn dagegen in einer Frontstadt die Infrastruktur zerstört ist und die meisten Bewohner geflohen sind, dann gibt es Strom nur aus vereinzelten Generatoren. Internetzugang gibt es nur punktuell durch Starlink-Schüsseln. Es wird also nur sehr wenige Funksignale geben und darum fällt jedes Signal um so stärker auf?
Ganz genau, man macht auf sich aufmerksam wie mit einem Leuchtfeuer und das ist keine gute Idee.
Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Wenn nun in einer Wärmestube 100 oder auch 200 Menschen mit ihren Handies gleichzeitig im Internet sind, dann habe ich Zweifel, ob alle von ihnen ihre Geräte auf Flugmodus stellen, wenn sie nach Hause gehen. Zumindest vereinzelt werden funkende Handies durch die Straßen getragen und daheim auf den Küchentisch gelegt werden.
Handies werden nur von Zivilisten verwendet, das Militär hat im Kriegsfall striktes Verbot die Dinger zu benutzen. Die muss man ja nicht mal anpeilen, das erledigt die Infrastruktur bereits und weiss auf ein paar Meter genau jeden Handystandort und die Infrastruktur ist mit Sicherheit gehackt. In der Regel stellt ein Handy für das Militär kein lohnesnwertes Ziel dar, da es höchstwarscheinlich von Zivilisten benutzt wird, Es gibt aber natürlich Partisanen/Terroristen die Handies verwenden, und die sind natürlich Zeile die man ausschalten wird. Wer dann dort in der Nähe ist hat Pech gehabt, Kollateralschaden.
Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Dazu kommt dann der Funk von Militär und Behörden. So wie ich es sehe, haben zumindest die freiwiligen Sanitätseinheiten eher zu wenige Funkgeräte und sie sind ausgesprochen froh, wenn sie gespendete Walkie-Talkies bekommen. Das sind dann aber meist einfache Geräte aus dem Baumarkt oder vom Discounter.
Dann erkundige dich vorher welche Art von Geräten die benötigen, hilft nichts wenn du ihnen CB Handfunken mitbringst und die etwas anderes verwenden.
Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Wie schaut das denn aus Sicht eines Funkers aus? Muss man damit rechnen, dass ein vergessenes Handy auf dem Küchentisch zum Ziel wird? Und müssen Einsatzkräfte darauf achten, nach jedem Funkspruch ihre Position zu verändern, weil sie sonst geortet würden?
In der Regel wird ein Handy auf dem Küchentisch kein Ziel, es sei denn die Geräte-ID ist einem bekannten Terroristen zugeordnet, wobei dabei gelegentlich auch Irrtümer vorkommen oder Fehler passieren. Also sicher ist sicher, ausschalten.
Positionswechsel nach Funkverkehr gehört zu einer der Massnahmen um den Gegenmassnahmen zu entgehen. Nur die Details kann dir hier keiner sagen, hängt davon ab wie gut die russische Eloka ist, wie gut die Kommandoketten zur Artillerie/Drohnen Besatzung funktionieren usw. usw. Kann hier keiner einschätzen, frag die ukrainischen Militärs die damit Erfahrung haben, allerdigs bezweifele ich das die dir irgendewas sagen werden, da dir ja der Gebrauch von Funkgeräten eh untersagt ist.
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DF2JP
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#27

Beitrag von DF2JP »

Jupp hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 18:37
Sam hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 12:34 Wie schaut es denn bei Satellitentelefonen aus? Wenn ich Euch richtig verstehe, ist damit die Gefahr der Ortung nicht so hoch? Besteht aber möglicherweise die Gefahr, dass das Signal als ungewöhnlich auffallen könnte?
In der Regel arbeiten Satelittentelefone mit Richtantennen (Schüsseln), die gegen Himmel gerichtet sind, durch Bodentruppen schwer zu orten. Allerdings für hochfliegende Flugzeuge und Drohnen kein Problem. Dazu kommt das Herr Musk 10000 Starlink Telefone dem Militär zu Verfügung gestellt hat, wenn man soetwas ortet ist es höchstwarscheinlich ein militärischen Ziel und die Kommunikation wird unterbunden. Als Zivilist möchte ich mich daher nicht in einem Radius von 500 Meter bei solchen Funkstellen aufhalten.
Heutige Sat-Telefonsysteme benötigen keine Richtfunkantenne mehr zum Betrieb.
Endgeräte sehen dann so aus
Iridium.jpg
Iridium.jpg (17.13 KiB) 809 mal betrachtet
Dumm nur, dass IRIDIUM ein US amerikanisches System ist, dessen Nähe zur NSA zumindest vermutet wird... die können also den Standort des Telefons auf wenige Meter genau, einfach am Systemmonitor ablesen und das in Echtzeit.

73 Joe
"The wire telegraph is a kind of very, very long cat. You pull his tail in New York and is head is meowing in Los Angles. Radio operates the same way... the only difference is that there is no cat."
Albert Einstein
Jupp
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#28

Beitrag von Jupp »

Die Verwendung eines solchen Gerätes ist natürlich auch lebensgefählich, zumal das kein Funkgerät ist bei dem ich bestimme wann es sendet, das baut auch von sich aus in Zeitabständen eine Satelittenverbindung auf, aktualisiert Positionsdaten, und dann auch noch westlicher Bauart. Und inwieweit die Kommunikationsinfrastruktur durch die Gegenseite bereits infiltriert ist kann man auch schlecht abschätzen, wenn man nicht gerade bei den Geheimdiensten an genau diesen Dingen arbeitet.
Sam
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#29

Beitrag von Sam »

13sw001 hat geschrieben: Mo 30. Jan 2023, 14:02Mich wundert jetzt, dass du als Auslands-Journalist in Sachen " Selbstschutz" nicht aufgeklärt wurdest. Von Seiten der Regierung da gibt es wohl klare Ansagen, wie man kommunizieren soll, und wie nicht. Dazu laufen wohl die Angehörigen der ausl. Presse , egal ob Zeitungen oder TV nicht alleine rum, sondern mit Begleitung , da viel Spionage eben wegen der Aufklärung da , befürchtet wird.

Ich denke mal, dass dich das Thema einfach nur interessiert, ist ja nichts Schlimmes dabei...... :wave:
OK, kleiner Exkurs um auch von meiner Seite ein wenig was mit Inhalt beizutragen. Wenn es zu OT sein sollte, lösche ich es gerne wieder.

Klare Ansagen von Regierungen an die Presse können schnell einen zweischneidigen Beigeschmack entwickeln. Um es mal etwas bildlich auszudrücken.^^
Die Ukraine hat seit Dezember ein neues Mediengesetz, das zwar kontrovers diskutiert wird, aber insbesondere die Pressefreiheit fördern soll. Auch im Hinblick auf den Beitritt zur EU.
Für die praktische Arbeit gibt es eine Medienakkreditierung durch die Streitkräfte. Damit wird man durch die meisten Kontrollstellen durchgewunken, darf auch während der Ausgangssperre raus, usw. Auflage der Akkreditierung ist unter Anderem, natürlich nichts Sicherheitsrelevantes zu filmen. Keine Kontrollposten, Brücken, Soldaten, usw. - und auch nichts, was mit Raketenangriffen und deren Folgen zusammenhängt.
Letzteres z.B. wird sehr ernst genommen. In den ersten Kriegswochen hatte wohl ein unbedarfter Blogger Fotos eines Einschlages gepostet - die dann zur Zielkorrektur genutzt wurden. Die Folge waren wohl mehrere Todesopfer. Sowas darf natürlich nicht passieren. Jedem Journalisten einen Aufpasser zur Seite zu stellen, wäre aber zum Einen vom Aufwand her kaum realisierbar - und würde wiederum auch Fragen zur Pressefreiheit aufwerfen.

Begleitung, bzw. Unterstützung wird durch mehrere Medienzentren angeboten, die mit Behörden und NGOs kooperieren. Dort bekommt man nicht nur Kaffee, sondern auf Wunsch werden auch Kontakte vermittelt. Zu Dolmetschern, Fahrern und insbesondere zu gut vernetzten Locals, die bei der Suche nach Geschichten mit Nachrichtenwert unterstützen können. Das sind die sog. "Fixer." Ist ein Fixer gut, dann hat er schon einige Referenzen und von daher auch zumindest die Grundlagen in Sachen Sicherheit drauf - oder er kennt Leute, die das haben.
Je größer ein Team ist und je unklarer die Umstände werden könnten, um so eher wird aber von Anfang an ein eigener Sicherheitsbeauftrager mitgebracht. Meist ehemalige Soldaten, die jetzt einen dreistelligen Stundensatz aufrufen und meiner Meinung nach jeden Cent davon wert sind.

In der Ukraine spiegeln die verschiedenen Medienzentren vielleicht auch ein wenig auch die Situation des Landes wieder. Es gibt drei davon. Jeweils eines im Westen, im Zentrum und im Osten:
Im Lviv im Westen bekommt man einen kleinen Clubausweis umgehängt, darf das Laptop in der obersten Etage einer Kneipe mit angeschlossener Brauerei aufklappen und zuschauen wie Bands auftreten. Bei meinem ersten Besuch dort war riesen Rummel, weil die späteren Sieger des ESC gerade Autogrammstunde gaben.
In Kiew im Zentrum betritt man ein nüchternes Bürohaus mit Pförtnern und Wachmännern und spürt förmlich die Nähe der hohen Politik.
Im Osten in Charkiv, das seit dem ersten Kriegstag beschossen wird und dessen Bewohner Monate in U-Bahntunneln Schutz suchten, steigt man zwischen dicken Mauern runter ins 2. Kellergeschoss. Entsprechend ernsthaft fällt dort das Begrüßungsgespräch aus.

Grundsätzlich darf und kann sich aber jeder Medienvertreter -und ich denke auch jede Privatperson- in der gesamten Ukraine frei bewegen. Also "alleine rumlaufen." Beschränkungen gibt es situativ. Wie z.B. während der Vorbereitungen der Offensiven im letzten Jahr kein Journalist in die Nähe der Front gelassen wurde. Auch in die zurückeroberten Gebiete durfte man zunächst nur mit Genehmigung der regionalen Streitkräfte. Auflage dieser Genehmigungen war das durchgehende Tragen von Helm und Weste - und insbesondere wurde eindinglich gewarnt aufgrund der Minengefahr nur freigegebene Straßen zu befahren und keinen Schritt auf unbefestigten Boden zu setzen.

Hinweise zum Selbstschutz gibt es also schon. Es wird aber gleichzeitig davon ausgegangen, dass die Medien in erster Linie eigenverantwortlich unterwegs sind.
DeltaKiloMike
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Re: Notfunk im Kriegsfall

#30

Beitrag von DeltaKiloMike »

@Sam
Besten Dank für diesen interessanten und informativen Einblick!
73, Mike
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